29.01.2025
Norwegen wehrt sich gegen engere Energieintegration zur EU
Norwegens Politiker widersetzen sich Versuchen, wichtige EU-Energierechtsvorschriften umzusetzen, die das Land enger in die europäischen Energiemärkte integrieren würden.

Quelle: enerNEWS-Partner Euractiv

Die Beziehung zur EU wird zunehmend zu einem Wahlkampfthema.

Norwegen gehört zu der erweiterte Freihandelszone der EU (EWR), wobei Oslo vor den Wahlen im September mit seiner Rolle in Europa zu kämpfen hat.

Im Mittelpunkt der Kontroverse steht die Umsetzung von EU-Gesetzen zu Energieeffizienz, dem Strommarkt und erneuerbaren Energien, die erstmals 2016 von der EU-Kommission vorgeschlagen wurden.

„Wir halten es für falsch, der EU mehr Macht zu übertragen, und sind der Meinung, dass wir stattdessen den entgegengesetzten Weg einschlagen sollten“, sagte Finanzminister Trygve Slagsvold Vedum von der grünen, EU-skeptischen Zentrumspartei am Montag.

Er betonte, dass die Verabschiedung der Gesetze Norwegen enger an den „dysfunktionalen“ europäischen Strommarkt binden würde.

Die Strompolitik ist im hoch elektrifizierten Norwegen, wo sich der Strompreis unmittelbar auf das tägliche Leben auswirkt, von großer Bedeutung. Zwei Drittel der Haushalte werden mit Wärmepumpen beheizt, und fast alle verkauften Neuwagen sind Elektrofahrzeuge.

Im vergangenen Dezember kam es zu einem Aufruhr im Land, als die Strompreise über 100 Euro pro Megawattstunde stiegen.

„Diese Preise sind absoluter Mist“, sagte Energieminister Terje Asland damals und löste eine Debatte darüber aus, ob Norwegens Stromverbindungen nach Europa daran schuld seien.

Norwegen ist mit seinen reichlich vorhandenen Wasserkraftressourcen ein wichtiger Stromexporteur in die umliegenden Länder. Allerdings steigen die Preise im Land, wenn Norwegen seinen Nachbarn hilft, ihre Stromversorgungslücken zu schließen.

Asland schwor, ein Kabel nach Dänemark zu durchtrennen, „falls sich herausstellt, dass sie zu den hohen Preisen beitragen, die wir jetzt sehen.“

Die sozialdemokratische Arbeiterpartei, als größter Koalitionspartner, möchte hingegen, dass die EU-Vorschriften übernommen werden.

„Wir erhalten von der EU auf verschiedenen Ebenen Signale, dass eine mangelnde Umsetzung den von uns gewünschten Vereinbarungen schaden könnte“, sagte Ministerpräsident Jonas Gahr Støre am Freitag.

„Historisch gesehen hat Norwegen Energie- und Klimagesetze nur langsam umgesetzt“, erklärt Elin Lerum Boasson, Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Oslo. Angesichts der zunehmenden geopolitischen Instabilität „steht die Umsetzung von EU-Gesetzen und damit eine engere Abstimmung mit Brüssel ganz oben auf der Tagesordnung der Arbeiterpartei.“

Von Seiten der EU gibt es noch keine offizielle Stellungnahme zu Norwegens Versäumnis, die Gesetze zu verabschieden.

Die Umsetzung der EU-Strommarktregeln wird voraussichtlich vor den Wahlen im September zum Wahlkampfthema werden, wobei Vedum von der Zentrumspartei darauf drängt, „das gesamte Paket bis nach der Wahl aufzuschieben“.

In der Zwischenzeit beginnt die Arbeiterpartei mit der Umsetzung weniger umstrittener Gesetze zu erneuerbaren Energien und Energieeffizienz.

Doch Norwegen wird sich bald mit weiteren EU-Energierechtsvorschriften auseinandersetzen müssen, die die Integration weiter vorantreiben.

Die Gesetze von 2019 wurden von der EU bereits überarbeitet, um sie an das Ziel der EU anzupassen, die Emissionen um 55 Prozent zu senken. Regeln für den Strommarkt als auch die Governance-Regelungen wurden angesichts der Energiekrise von 2022 ebenfalls überarbeitet.

Die EU erwägt ebenfalls, den Ausbau von länderübergreifenden Stromverbindungen voranzutreiben, um die Energiepreise in der EU zu senken.

Korrektur: Die EU-Kommission schlug die fraglichen Gesetze erstmals im Jahr 2016 vor. 2019  wurden diese angenommen.

[DC/OM/KN]

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