02.02.2025
EU-Kommissarin Teresa Ribera im Interview
Die zunehmend selbstbewusste Europäischen Volkspartei drängt Umweltvorschriften zurück und will NGO-Finanzierung kürzen. Euractiv sprach mit der spanischen Sozialdemokratin und Vizepräsidentin der EU-Kommission Teresa Ribera, die für den klimapolitischen Wandel zuständig ist.
Quelle: enerNEWS-Partner EURACTIV Nachfolgend ein bearbeitetes Transkript des Gesprächs. Was halten Sie von dem Vorschlag des französischen EU-Abgeordneten und Rechtsaußen-Politikers Jordan Bardella, den Green Deal zu kippen? RIBERA: Das ist ein großer Fehler, der sich gegen die Europäer richtet. Eines der traurigsten Dinge, die wir derzeit erleben, ist, dass einige politische Strömungen die Ängste der Menschen nutzen, um gegen sie selbst zu arbeiten. Die Folgen des Klimawandels zu leugnen, ist äußerst riskant. Zu behaupten, dass wir nichts tun müssen, weil sich die Dinge von selbst lösen werden, ist nicht nur naiv, sondern auch wirtschaftlich und sozial teuer – und verursacht viel Leid. Was sagen Sie zu den andauernden Bemühungen der EVP, Umweltziele abzuschwächen? EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen selbst hat eine EVP-Position unterzeichnet, die das Erneuerbare-Energien-Ziel für 2040 fallenlassen will. RIBERA: Wenn wir gleichzeitig bezahlbare Energiepreise fordern, dann ergibt das nicht viel Sinn. In Brüssel wird derzeit viel über die Einschränkung von EU-Geldern für Umwelt-NGOs diskutiert, insbesondere wenn sie für Lobbyarbeit genutzt werden. Wie stehen Sie dazu? RIBERA: Ich halte das für eine Perversion. Denn es handelt sich nicht um Lobbyarbeit. Es geht darum, das öffentliche Bewusstsein zu schärfen und herauszufinden, wo die Schwierigkeiten und Herausforderungen liegen. Und ich denke, dass wir diesen kritischen Geist brauchen. Als Umweltministerin hatte ich tausende Begegnungen, bei denen NGOs zu mir kamen und sagten: „Das gefällt uns nicht“ oder „Das ist falsch“. Oft mochte ich ihre Kritik nicht oder war nicht völlig einverstanden. Aber es war eine sehr demokratische und gesunde Art, Probleme aufzuzeigen. Ihr Kollege, der EU-Haushaltskommissar Piotr Serafin, sagte letzte Woche vor dem EU-Parlament, die Kommission habe hier Fehler gemacht. Zudem haben einige Kommissionsdienste Umwelt-NGOs angewiesen, ihre Aktivitäten einzuschränken. Wie werden Sie dagegen vorgehen? RIBERA: Ich denke, er bezieht sich auf verschiedene Aspekte, die wir beachten sollten. Gibt es Probleme mit der Rechenschaftspflicht? Gibt es Abweichungen von dem, was als Zweck der Subvention festgelegt wurde? Es scheint, als würde die Kommission diese Fälle einzeln prüfen. Aber in einigen Fällen könnten Sie sich schützend vor die NGOs stellen. Sollten diese Organisationen sich an Sie wenden, um ihre Position zu verteidigen? RIBERA: Nein, sie können sich selbst verteidigen! Ich habe natürlich kein Problem damit, mir jeden anzuhören – auch NGOs, die sich unfair behandelt fühlen. Aber ich denke, wenn sie auf das Schreiben reagieren und erklären, wie die Gelder verwendet werden, sollte das ausreichen. Während Ihrer Anhörung zur Bestätigung Ihrer Position wurden Sie von Europaabgeordneten zu den tödlichen Überschwemmungen in Valencia im vergangenen Jahr staark kritisiert. Wie haben Sie das empfunden, und hat es Ihr Vertrauen in bestimmte politische Gruppen erschüttert? RIBERA: Ich gehe da demütig heran, weil ich weiß, dass viele Menschen immer noch leiden. Was ich nicht gutheiße, ist, dass mein Respekt auf eine sehr unehrliche Weise genutzt wurde, um die Glaubwürdigkeit der Arbeit von Beamten und Forschern zu untergraben. Können Sie konkrete Abgeordnete nennen? RIBERA: Nun, ich denke, die Sitzung wurde aufgezeichnet, oder? Und wenn Sie von Respekt sprechen – meinen Sie den Respekt gegenüber den lokalen Behörden? RIBERA: Nein, gegenüber den Menschen. Ganz ehrlich – gegenüber den Menschen. [DE/VB] |