05.02.2025
Baltische „Stromnetz-Scheidung“ isoliert russische Enklave in der EU weiter
Der russischen Enklave Kaliningrad droht eine weitere Isolation innerhalb Europas. Anstelle des russischen Stromnetzes haben sich die baltischen Staaten für die europäische Variante entschieden – und das betrifft auch Kaliningrad.

Quelle: enerNEWS-Partner EURACTIV

Als die Sowjets 1946 Königsberg eroberten, war das festungsähnliche Stück Land zwischen Polen und Litauen ihr Bollwerk in der Ostsee. Heute beherbergt die immer stärker isolierte Exklave nuklearfähige Iskander-Raketen und einen Großteil der russischen Ostseeflotte.

Nach dem Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine hat die Europäische Union  den Landzugang zu Kaliningrad – russischem Territorium – eingeschränkt. Der Kreml erklärte daraufhin, Kaliningrad werde „immer“ der Vorposten des Landes im Baltikum sein.

Bisher war die Exklave an das von Moskau kontrollierte Stromnetz angeschlossen.

Vom 7. bis 9. Februar werden die baltischen Staaten vom russischen Stromnetz getrennt. Damit wird auch Kaliningrad aus dem vom Kreml kontrollierten Meganetz herausgenommen.

„Nach der Synchronisierung des baltischen Stromnetzes mit dem kontinentaleuropäischen wird das Gebiet Kaliningrad im Inselmodus betrieben“, heißt es vom litauischen Netzbetreiber Litgrid, der zusammen mit baltischen Netzbetreibern für die Netztrennung verantwortlich ist.

Energieinseln – Stromnetze ohne externe Verbindungen – sind in Europa eine Seltenheit. Der Betrieb solcher Netze ist schwieriger, da sie nicht auf grenzüberschreitende Stromflüsse zurückgreifen können, um Schwankungen in der Stromversorgung und der Nachfrage auszugleichen.

Am 8. Februar werden die baltischen Staaten „alle Stromverbindungen zu Russland und Belarus abschalten […] und diese Leitungen werden abgebaut“, sagte der Litgrid-Sprecher gegenüber Euractiv.

Eine kaputte Beziehung

„Russland hat diesen Übergang nicht begrüßt“, sagte Susanne Nies, Energieexpertin am Berliner Helmholtz-Zentrum. Moskau habe „verschiedene Taktiken“ angewendet, um den Scheidungsprozess zu stören – von Cyberangriffen bis hin zu Desinformationskampagnen über steigende Energiekosten. Sie und andere Experten in der Region befürchten, dass die Netzabspaltung der baltischen Staaten von russischem Säbelrasseln überschattet werden könnte.

„Russland könnte auch behaupten, dass Kaliningrad, seine Exklave und das ehemalige Königsberg, gefährdet ist“, erklärte Maciej Jakubik, Koordinator des europäischen Programms beim polnischen Think-Tank Forum Energii.

Zwar wird die Netzabspaltung die Region weiter isolieren, „diese Situation wurde jedoch seit über einem Jahrzehnt erwartet und diskutiert, und die seit 2019 durchgeführten Inseltests haben sich als erfolgreich erwiesen.“

Litgrid bestätigte gegenüber Euractiv, dass Kaliningrad „schon seit geraumer Zeit“ jährlich seine Fähigkeit getestet habe, ein stabiles Netz selbst zu betreiben.

Eine Gefährdung der Exklave sei eher auszuschließen, sagt Nies und verweist auf die vier Kraftwerke: „Ein Kohlekraftwerk und drei Gaskraftwerke.“

Die Gasversorgung der Anlagen ist auf drei Arten gesichert: durch ein schwimmendes LNG-Terminal, eine Pipeline nach Belarus und einen erweiterten Gasspeicher von 0,8 Milliarden Kubikmetern. „Die Ressourcen stellen die notwendige Gasversorgung für die Stromerzeugung sicher“, erklärte Nies.

Die Balten bereiten sich bereits auf einen russischen Gegenschlag vor.

„Als Reaktion auf die jüngsten Vorfälle haben Litauen und Polen den Schutz des [grenzüberschreitenden Stromkabels] LitPol Link verstärkt“, sagte Jakubik. Das bedeute Überwachung, physische Verstärkung und verstärkte Koordination.

„Alle Länder haben auch ihre Cybersicherheitsdienste verstärkt.“

Am Ende wird es sich alles lohnen, sagt Nies: „Dies ist ein historischer Schritt in Richtung Energiesicherheit“, der „die umfassendere Vision eines sicheren, vernetzten und widerstandsfähigen europäischen Energiemarktes stärkt“.

[DC/MM/VB]

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